Ein Stier sorgt für Furore 
Am Pfedelbacher "Taurus"-Wein scheiden sich die Geister - Dennoch Riesenerfolg
 

Wer hätte das gedacht? Das hohenlohische Pfedelbach avanciert zur Wein-Metropole. Umstritten, brisant und alles andere als normal geht es nun schon seit Wochen in den Wohnzimmern im Ohrntal zu. Worum es geht: Dieter L. Schnltzius, Geschätsührer der Weingenossenschaft Heuholz und diplomierter Ingenieur für Getränketechnologie und Vertrieb, hatte Marktforschung betrieben. Und beschloss, "die Weintrinker von morgen etwas früher zum Rebensaft zu locken". Also machte sich Schnitzius auf, diverse Jugend-Treffs zu erkunden.

Dieter L. Schnitzius wurde fündig. Vier Eigenschaften benötige sein Produkt: Es muss süß, kalt und süffig sein und darf am nächsten Tag keine Kopfschmerzen machen: Daraufhin setzte er sich mit seinem Kellermeister zusammen und kreierte ein völlig neues Produkt. Der Taurus, der rote Stier, war geboren. Mit 44
Gramm Restzucker, 9,5 Volumenprozent Alkohol, serviert bei vier bis acht Grad und einer sehr guten Bekömmlichkeit wurde das Neu-Produkt auf den Markt
geworfen. Und binnen kürzester Zeit zum Szene-Getränk, Absatzrenner und Streitobjekt.

Der Taurus schlug so ein, dass umgehend ein Fanclub gegründet wurde, der auf seinen Irternetseiten mit einer freizügigen, nur in Dessous abgelichteten Dame namens Jenny für das Produkt wirbt. Sofort waren die Landfrauen brüskiert, "Sexistisch" und "unmoralisch" nannten sie den Werbefeldzug, der eigentlich kein geplanter war. Schnitzlus zu der mittlerweile berüchtigten Homepage des Taurus-Fanclubs: "Wir wollten Fotos machen, und plötzlich hat sich Jenny, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, ausgezogen." Dass die Kamera dann draufgehalten habe, sei ja klar gewesen.

Was dann folgte, war ein Riesen-Rummel, der den Taurus-Produzenten mehr als zugute kam. Schnitzius: "Eine derartige, bundesweite Werbekampagne hätten wir nie bezahlen können." Eigentlich alles gut - oder? Beileibe nicht. Denn der Protest weitete sich aus: Während der jüngsten Taurus-Fanclub-Party in der Pfedelbacher Erich-Fritz Halle mit 650 meist jugendlichen Besuchern entblößten sich zwei junge Damen aus Mannheim. Hinzu kam, dass die Rockband Revolution ihrem Namen alle Ehre machte, indem sie aufforderte: "Werdet geil auf Saufen und Sex." Als dann noch ein nackter Mann um fünf Uhr früh von der Polizei nach Hause gebracht werden musste, sahen sich die Pädagogen und Subhtexperten aus Pfedelbach in der Pflicht. Sexistische Tendenzen waren ihnen ebenso ein Dorn im Auge wie die Gefährdung der Jugendlichen durch Alkoholgenuss.

Lob gab es hingegen für die Veranstalter vom Deutschen Roten Kreuz und der Pfedelbacher Feuerwehr Diese hatten nämlich an jenem Abend mächtig Spaß daran ihren Dienst zu verrichten - aber wenig zu tun. Und so wollen die Pfedelbacher Feuerwehrmänner demnächst auch geschlossen dem in die Kritik geratenen Fanclub beitreten. Auch Eltern, die ihre Jüngsten nicht derart "altbackenen Lehrkörpern" anvertrauen wollten meldeten sich zu Wort. Schnitzius diplomatisch: "Das geht doch durch alle Familien hier: Die Jugendlichen finden es toll die Vater auch, trauen sich aber nicht es zu sagen, und die Mütter - die sind meist dagegen." Eines allerdings ist allen klar: Wenn der Taurus weiter so einschlägt, verdienen in Pfedelbach fast alle an dem Getränk, das die Geister scheidet. So dürfen sich die Mitglieder des Fanclubs nun auf die demnächst erscheinende Dessous-Kollektion freuen. Gesucht werden dafür nur noch ein geeigneter Unterbekleidungshersteller und ein neues Model - da Jenny heiraten wird.

 
Echo Wochenzeitung
vom 01.06.2003
von Matthias Marquart
 
http://www.echonews.de
 
Download Bericht
(PDF - Dokument 1056 kb)